Statische Untersuchungen an Gleichstrom

Für Fahrradlampen wird eine Lebensdauer von 100 bis 160 Stunden angegeben. Im praktischen Alltag kann die Lebensdauer erheblich darunter liegen. Um darüber Daten zu erhalten werden einige Messungen vorgenommen. Dazu werden die Lampen bei unterschiedlichen Spannungen und Frequenzen ruhend betrieben.

Zuerst werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten Messungen von Spannung und Strom vorgenommen. Die Spannung muß mitgemessen werden, da die Spannungsquelle nicht über Sense-Anschlüsse verfügt und der Shunt mit im Regelkreis liegt. Bei hinreichender Abweichung (10mV) wird die Spannung per Hand nachgestellt. Ab ,,Testlampe 3``, wird ein langsamer AD-Wandler3.19 mit hinzugezogen. Zur Beschaltung siehe Bild 3.14. Der Wandler wird im Meßbereich $\pm8,5$V betrieben.

Bild 3.14: Meßaufbau stationärer Lampentest
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\includegraphics[width=10cm]{bilder/Birnentest}\end{figure}

In der Tabelle 3.10 sind die Lampen näher beschrieben. Zum großen Teil (Testlampen 6-28) entstammen sie einem dankenswert großen Griff in die Kiste bei Schmidt/Tübingen und dürften je Typ aus einer Charge der aktuellen Produktion (akPr) stammen. Die ersten Lampen sind aus dem eigenen Fundus (Fun), mitunter vor mehreren Jahre erworben.

Neben den Daten zu Testbeginn ($I$@6V, $I@U_{\mbox{\footnotesize Test}}$, $U_{\mbox{\footnotesize Test}}$ und $f$) sind die Lebensdauer bis zum Durchbrennen $t$,3.20 Die Alterung $\dot{I_5}$ in den ersten fünf Stunden (Verschweißer etc. nicht berücksichtigt) und die Zeit bis zum ersten Windungsverschweißen $t_s$ aufgeführt. Ein negatives $\dot{I}$ wird durch das allmähliche Verdampfen des Wolframs hervorgerufen, wobei die Kondensation beim Halogenprozeß nicht bevorzugt an den heißesten Punkten, also denen mit dem höchsten Widerstand stattfindet. Siehe hierzu auch Anmerkungen zum Belag weiter unten. Ist $\dot{I}$ eingeklammert, so ist innerhalb der ersten 5 Stunden kein Trend feststellbar und es wird der Wert über die gesamte Betriebsdauer bzw. bis zum ersten Verschweißer angegeben.


Tabelle 3.10: Testlampen
$I$@6V $I@U_{\mbox{\footnotesize Test}}$ $U_{\mbox{\footnotesize Test}}$ $f$ $f_a$ $a_{\mbox{\footnotesize eq}}$ $t$ $\dot{I_5}$ $t_s$ Belag Hersteller
[A] [A] [V] [Hz] [Hz] [$g$] [h] [mA/h] [h]
1 0,421 0,469 7,5 0 - - 70,5 -0,7 0/68 s1 HS3 Tungsram gebr.
2 0,395 0,442 7,5 0 - - 23,6 -0,7 - sg- HS3 OSRAM Fun
3 0,392 0,439 7,5 0 - - 4 -3 - sg- HS3 OSRAM Fun
4 0,406 0,455 7,5 0 - - 37 -1,5 20,6 s2 HS3 Philips akPr
5 0,419 0,469 7,5 0 - - 34,9 -1 33,2 s2 HS3 Philips akPr
6 0,416 0,464 7,5 0 - - 21,9 -1 - s0 HS3 OSRAM akPr
7 0,388 0,402 6,5 0 - - 51,3 -0,5 - s0 HS3 OSRAM akPr
8 0,41 0,426 6,5 0 - - 56,7 -0,7 33,8 s0 HS3 OSRAM akPr
9 0,414 0,43 6,5 0 - - 73,1 -1 26,5 s- HS3 OSRAM akPr
10 0,505 0,528 6,5 0 - - 6 -2 1 s- HPR64 akPr
11 0,467 0,526 7,5 0 - - 14,3 -2 6 s1 HPR64 akPr
12 0,481 0,499 6,5 0 - - 34,5 -0,4 27,5 s1 HPR64 akPr
13 0,486 0,54 7,5 0 - - 19,8 -1 12,5 s2 HPR64 akPr
14 0,411 0,411 6 0 - - 182,2 -1,6 36,7 s- HS3 OSRAM akPr
15 0,414 0,463 7,5 400 - - 26 -2 <18 s4 HS3 OSRAM akPr
16 0,412 0,46 7,5 400 - - 18,2 -3,2 ? s4 HS3 OSRAM akPr
17 0,411 0,461 7,5 50 - - 20,7-24,2 -2 13 s2 HS3 OSRAM akPr
18 0,413 0,461 7,5 50 - - 23,2 -2,5 <21 s1 HS3 OSRAM akPr
19 0,412 0,46 7,5 0 22,9 1,53 16,28 -2 - s0 HS3 OSRAM akPr
20 0,408 0,458 7,5 0 22,9 1,53 10,97 -2 - s0 HS3 OSRAM akPr
21 0,408 0,455 7,5 0 22,9 1,53 19,98 -2 - s0 HS3 OSRAM akPr
22 0,42 0,437 6,5 0 22,9 1,53 79,8 -1 29,67 s- HS3 OSRAM akPr
23 0,416 0,432 6,5 0 22,9 1,53 160 -1 41,5 s- HS3 OSRAM akPr
24 0,41 0,457 7,5 100 - - 17,2-21 -2 13 s1 HS3 OSRAM akPr
25 0,415 0,464 7,5 100 - - 7,3-15,5 -2,7 - s2 HS3 OSRAM akPr
26 0,413 0,462 7,5 200 - - 13,1-23,7 -2 - s2 HS3 OSRAM akPr
27 0,41 0,459 7,5 200 - - 6-12 -2 ? s3 HS3 OSRAM akPr
28 0,413 0,462 7,5 400 - - >1,43 -2 - - HS3 OSRAM akPr
29 0,4 0,448 7,5 400 - - >19,43 -0,8 - s1 HS3 OSRAM akPr
30 0,4 0,422 6,5 0 40 7,7 63,0 (-0,2) - s- HS3 OSRAM akPr
31 0,419 0,435 6,5 0 40 7,7 158,6 -0,9 - s- HS3 OSRAM akPr
32 0,42 0,468 7,5 0 40 7,7 38,9 -2,3 - - HS3 OSRAM akPr
33 0,417 0,464 7,5 0 40 7,7 49,8 -2,6 48,75 s- HS3 OSRAM akPr
34 0,406 0,406 6,0 0 - - 233,5 - 3 s1 HPR60 112

Die angeführten Spannungen und Ströme werden zu Versuchsbeginn an Gleichspannung gemessen. Die angegebenen Lebensdauern sind für das jeweilige Testexemplar (ein Stück). Mit so wenigen Testexemplaren sind statistische Lebensdauerangaben (Mittelwert, Weibull...) nicht möglich. Die DIN EN 60064 sieht für die Lebensdauerprfung von Allgebrauchsgrlühlampen Prüfmengen von 50 vor. Die Lebensdauerprfung ist übrigens nicht Umfang der DIN 49848-3 für HS3-Lampen! Lediglich eine Angabe des Medians ließe sich verantworten, aber selbst dafür liegen relativ wenig Meßwerte vor.3.21

Den meisten Lampen ist ein grauer bis schwarzer (s) Wolframbelag am Glaskolben über dem Glühfaden gemeinsam. Der Belag ist direkt über dem Glühfaden auf der Kolbenwand. Dies deutet einerseits auf eine Konvektion im Kolben hin und zweitens, daß freibrennend auf dem Schreibtisch bei Raumtemperatur anscheinend weder bei Nennspannung noch bei Überspannung die für den Halogenprozeß notwendige Temperatur an der Innenwand des Kolbens erreicht wird. Solche Beläge sind auch an Lampen im Alltagsbetrieb feststellbar. Wenige Lampen fallen zusätzlich mit einem gelben (g) Belag, vorwiegend im Bereich der Pumpspitze, aus. Laut [GmKr] könnte der gelbe Belag Wolframdioxychlorid (WO$_2$Cl$_2$) bzw. Wolramdioxybromid (WO$_2$Br$_2$)sein. Silvania gibt auf seinen Webseiten für Wolframoxide gelb für WO$_3$ und blau für WO$_{2,85}$ und WO$_{2,7}$ an. Ob der Sauerstoff aus einem, in der Herstellung prozeßbedingt, verunreinigten oder legierten3.22 Draht oder eine nicht hinreichend gespülte Gasbefüllung herrührt sei dahingestellt. Beide Ausbildungen der Beläge, schwarz und gelb, sind auch bei einigen 12V/35-50W Kaltlichtreflektorhalogenlampen für die Innenraumbeleuchtung beobachtbar. Für die Klassifikation der schwarzen Beläge werden vorerst die Stufen - (sehr schwach, kaum vorhanden), 0 (vorhanden aber unauffällig), 1 (inkl. beider Kolbenwände ähnlich abschwächend wie ein ND4 Graufilter3.23), 2 (wie 1, nur ND8), 3 (wie 1, nur ND4+ND8) und 4 (partiell undurchsichtig) vergeben. Der auffälligen Schwärzung bei Wechselspannungsbetrieb wird noch nachgegangen. OSRAM gibt in [OSHM] als Ursache für gelblichen Belag Molybdänoxid an. Dieses wird erzeugt, wenn die Einschmelzung des Molybdänbändchens im Sockel undicht wurde und die Lampe Sauerstoff zieht. Schwarz sei Wolframoxid.

In der Tabelle 3.11 sind für die Testlampen aus Tabelle 3.10 die $\dot{I}$-Werte für den Bereich nach den ersten 5 Stunden aufgeführt. In der Regel gilt dieser Wert auch nach Wickelungsverschweißern, ab und zu wird er aber großer.


Tabelle 3.11: $\dot{I}$ über Betriebsdauer
U Lampe ruhend dyna.
  $f_U=$ 0 50 100 200 400 23Hz 40Hz
6 HS3 -0,1 - - - - -  
6,5 HS3 -0,35 - - - - -0,14 -0,17
  HPR64 -0,4 - - - - -  
7,5 HS3 -0,7 -0,5 -1,2 -1,2 -1 -0,7 -0,35
  HPR64 -0,9 - - - - -  

Die Werte sind mit Vorsicht zu genießen. Der Trend, mit einer höheren Betriebsspannung ein höheres $\dot{I}$ zu bekommen, ist erklärbar (vgl. Seite [*]). Ebenso scheint zumindest bei 7,5V eine Wechselspannung ein höheres $\dot{I}$ zu verursachen. Wo ein Maximum liegt wäre in bedeutend umfangreicheren Untersuchungen zu ergründen; als Anhaltswert scheint dies irgendwo zwischen 50 und 400Hz zu liegen.

Graphisch aufbereitete erste Meßergebnisse sind in den Bildern 3.15 ff. wiedergegeben.

Bild 3.15: Strom über Betriebsdauer an 7,5V Gleichspannung
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\includegraphics[width=11cm]{Meszwerte/Birnen/Ruhetest/Gleichspannung7k5}
\end{figure}

Bild 3.16: Strom über Betriebsdauer an 6,5V Gleichspannung
\begin{figure}\centering
\includegraphics[width=11cm]{Meszwerte/Birnen/Ruhetest/Gleichspannung6k5}
\end{figure}

Der Anstieg bei Testlampe 22 bei ca. 56h rührt aus der Korrektur einer fehlerhaften Spannungsreduzierung bei ca. 48Stunden und ist kein Windungsverschweißer.

Bild 3.17: Strom über Betriebsdauer an 6,0V Gleichspannung
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\includegraphics[width=11cm]{Meszwerte/Birnen/Ruhetest/Gleichspannung6k0}
\end{figure}

Es liegt eine tageszeitliche Schwankung des Meßsignales um $-6\ldots+10$mV vor. Das Minimum liegt am frühen Nachmittag, das Maximum ca. um 22 Uhr. Eine Korrelation mit der Temperatur im Rechner (bei der AD-Karte) liegt nicht vor.3.24 Die cron-Prozesse laufen um 24:00 (bzw. 23:00) für ca. eine Minute und im Hintergrund läuft ununterbrochen ein RC564-Prozeß. Damit sollten Einflüsse aus dem Meßrechner (Temperatur und Stromversorgung) ausschließbar sein. Das Labornetzgerät ist stabil, wie die parallel durchgeführten Messungen mit den anderen Meßgeräten zeigen. Rechner und Netzgerät hängen an derselben Steckdose, eine ungleichmäßige Phasenbelastung scheidet damit aus.

Ganz vorsichtig könnte hier ein Lebensdauerexponent von $k=7,5$ abgeschätzt werden. Randbedingungen wären die nominelle Lebensdauer von 100h@6V sowie hier gemessene 56 bzw. 36h bei 6,5 bzw. 7,5V.

Diese Tests an der Konstantspannungsquelle sind härter als die am Klauenpolgenerator. Die Leistung erhöht sich mit steigendem Strom/fallendem Widerstand ($P=U^2/R$, $U=$const.). Selbst im ruhendem Betrieb kommen Wicklungsverschweißer zustande, die den selbstverstärkten Prozeß: Erhöhter Strom, einen weicherer Glühfaden, mehr Wicklungsverschweißer, erhöhter Strom ...hervorrufen. Am normalen Fahrraddynamo (Klauenpolgenerator) sinkt die Leistung bei fallendem Widerstand ($P=I^2R$, $I=$const.). Die Verschweißer treten im Laborversuch meist erst nach einer Mindestbetriebsdauer von ca. 12h auf. Dann scheint der Glühfaden an einer Stelle hinreichend weit verdampft zu sein, so daß sich das Eigenschwingungsverhalten stark ändert. Daraufhin können sich die Wicklungen untereinander kontaktieren.

Wicklungsverschweißer, die Folge einer ,, Nestbildung`` sind i.A. nur durch eine Einbettung in Schamott o.ä. zu unterbinden. Das mag bei Heizwendeln in Öfen akzeptabel sein, bei Glühlampen ist es nicht möglich.

Olaf Schultz, Hamburg-Harburg
2010-10-02