Häckel Karbidscheinwerfer

Keiner hat sie je vorher gesehen, aber alle wissen was der Blechhaufen darstellt. So kann der Autor die Erfahrung mit seiner ehemals arg renovierungsbedürftigen Karbidleuchte zusammenfassen.

Die Benutzung ist gewöhnungsbedürftig und teilweise gefährlich. Die Berührung von Calciumcarbid ist zu vermeiden und nach einem Hautkontakt sind die groben Teile zu entfernen und mit viel Wasser nachzuspülen. Zu erwähnen wäre hier u.a. die Erzeugung von Schwefelwasserstoff und Phosphorwasserstoff (Phosphin)3.56 als unerwünschtes Nebenprodukt bei der gewollten Acetylenerzeugung ($\rm
C_2H_2$) aus dem Calciumcarbid ($\rm CaC_2$).3.57 Das Reaktionsprodukt Calciumhydroxyd ist wiederum stark alkalisch, auch nicht gut für die Gesundheit. Weiterhin ist Acetylen selbstentzündlich (Untere Entzündungsgrenze 2,3Vol.%, obere Entzündungsgrenze 82Vol.%) und kann durch Eigenreaktion bei einem Überdruck von 2bar explodieren.3.58 Das EU-Sicherheits-Datenblatt findet man u.a. im Internet bei Almamet unter http://www.almamet.de/d_c.htm.

Ja, es gibt sie noch. Unter anderem werden ganze Leuchten oder auch nur Zubehörteile von ,,Velo Classic``, Heinz Fingerhut, Gartenweg 46, 32609 Hüllhorst, Tel.: 05744/920528, Fax: 920529, D1: 0171/3341969 vertrieben.

Höhlenforscher benutzen heute noch Karbidleuchten. Petzl ist ein Hersteller. Höhlenleuchten haben/brauchen jedoch i.d.R. keinen Reflektor für eine enge, fahrradtaugliche, Abstrahlung sondern einen großen Öffnungswinkel mit weichem Übergang, also viel Leistung.

Als Lichtstärke gibt [StHü] ungefähr 10cd$_h$ bis 65cd$_h$ bei einem Gasverbrauch von 10l/h bis 50l/h an.

Sie geben ein angenehmes Licht, das jedoch in der Helligkeit mit dem der Halogenscheinwerfer nicht konkurieren kann. Auch sind sie nicht so mal eben anzustellen, es dauert schon 1-2 Minuten, bis sie eingeregelt sind. Und das ausmachen sollte aufgrund der Gaserzeugung ein Ausbrennen sein,3.59 welches dann schon mal eine halbe Stunde betragen kann.

Reaktionsgleichung der Acetylenerzeugung:

\begin{displaymath}
\rm CaC_2+2H_2O\rightarrow C_2H_2+Ca(OH)_2+W\uml {a}rme\end{displaymath} (3.58)

Nähere Vergleichswerte der ,,Häckel`` mit Glashohlspiegel liefert der Autor, dann wenn sie neu vernickelt und der Spiegel neu belegt ist.

Und als Anhang eine e-mail von Peter Ludwig vom 12.01.98 bzgl. der obigen Anmerkungen:

...Dein Kapitel über Karbidlampen schreit förmlich nach einer Entgegnung. Ich selber verwende Karbidlampen seit den 70er Jahren recht viel, hab sicher schon eine 4 stellige Gebrauchsstundenzahl dabei. Auch kenne ich sicher viele Hundert andere Karbidlampenanwender. Aber noch NIE ist m.W. eine Karbidlampe explodiert. Selbst wenn man absichtlich alles falsch macht, wird man kaum den nötigen Druck in der Lampe selbst zusammenbringen. Dafür hat dieselbe aber viele andere Vorteile: Man kann sie gut regeln und sie ist sehr robust, leicht instandsetzbar und man kann beliebig viel Reservekarbid mitnehmen (was man halt schleppen will). Außerdem spendet sie Wärme und Behaglichkeit. Und wenn sie gut brennt stinkt sie kaum bis gar nicht. Mit entsprechenden Zusatzteilen kann man sogar eine Tasse Tee wärmen. Voraussetzung ist freilich daß man mit solchem Gerät umzugehen weiß und nicht schlampert ist.

Gruß aus Österreich

Peter (Karbidlampensammler)

OK, das mit dem Explodieren ist dem Autor auch noch nicht vorgekommen. Ist halt eine Warnung. Das Einregeln hat der Autor inzwischen auch besser d'rauf. Die Wärmespendung, sowohl Gaserzeuger wie Gasvernichter werden schön warm, hat der Autor leider unterschlagen, obwohl das die erste Beobachtung war, als sie zum ersten Mal leuchtete! Und gegenüber Akkus ist Karbid, was die Energiedichte angeht, sicherlich besser.

Und noch ein Nachtrag von Peter Ludwig von 03/2005:

...Es gibt da noch einen Hersteller für Fahrradkarbidlampen:
http://www.jkdey.com/cycle.htm Die werden aber nur auf Bestellung gebaut, vielleicht sollte man das der Kuriosität halber in die Gebetsmühle reintun. Der Text auf der Webseite ist ja schon witzig genug.

Vor einer Woche bin ich in Kalkutta in das Geschäft des wahrscheinlich letzten richtigen Karbidlampenherstellers gegangen und wurde mit den Worten begrüßt: 'Hello, you are Mr. Peter, aren't you? We know you from a photo!' Ich war noch nie in diesem Geschäft und hatte auch sonst nie Kontakt mit diesem Menschen. Der hatte einen Höhlenkalender (wahrscheinlich hat ihm den wer geschickt weil auf irgendeinem Bild eine seiner Lampen drauf ist) wo u.A. ein Bild von mir drinnen ist.

Leider hatten sie keine Fahrradlampe lagernd, sonst hätte ich natürlich eine mitgenommen. Die Lampen sind aber relativ teuer, ich rechne kaum mit unter 40 für eine Fahrradlampe, für indische Verhältnisse geradezu unerschwinglich. Ich bekomm den Preis für diese Lampe noch. Leider ist das Kapperl am Knie nicht abschraubbar wie es sich eigentlich für eine Fahrradlampe gehört, na vieleicht bring ich die Leute noch dazu.

Nächstes Jahr nehm ich sicher eine mit und mach dann einen Test. Meine historsche Fahrradkarbidlampe ist ja leider nicht so recht funktionsfähig (wenn auch optisch in Ordnung).

Und ein Nachtrag von mir: Im Deutschen Fahrradmuseum in Bad Brückenau ist ein umfassende Sammlung von Fahrradkarbidlampen. Neben diversen anderen interessanten und gut erhaltenen Ausstellungsgegenständen.

Olaf Schultz, Hamburg-Harburg
2010-10-02